Zu den immunmodulierenden Substanzen (kurz IMiDs für den englischen Begriff: Immunomodulatory Drugs) gehören neben Thalidomid auch die neueren Substanzen Lenalidomid und Pomalidomid. Anders als beispielsweise eine Chemotherapie, bei der neben der Zerstörung des Tumorgewebes die vorübergehende Beeinträchtigung der gesunden Zellen unvermeidlich ist, wirken IMiDs gezielt gegen die tumorauslösenden Prozesse.
Iberdomid
Der Cereblon-E3-Ligase-Modulator (CELMoD) Iberdomid gehört zur neuen Generation der Immunmodulatoren. Iberdomid ist ein Arzneimitteltyp, der als Cereblon-modifizierendes (CM) Mittel bezeichnet wird. Es wirkt, indem es Proteine angreift und zerstört, die zur Bildung von Myelomkrebszellen beitragen. Durch die Zerstörung dieser Proteine kann Iberdomid verhindern, dass Krebs wiederkehrt oder sich verschlimmert.
Iberdomid funktioniert nach einem ähnlichen Mechanismus wie das Medikament Lenalidomid, bisherige Studienergebnisse deuten aber auf eine bessere Verträglichkeit und Wirksamkeit hin (u.a. auf Krebszellen, die gegen Lenalidomid resistent geworden sind).
Lenalidomid (Revlimid® bzw. diverse Generika)
Lenalidomid (Revlimid® bzw. diverse Generika) ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Immunmodulatoren. Strukturell besteht eine Verwandtschaft mit dem Thalidomid. Lenalidomid wird für die medikamentöse Therapie des Multiples Myelom angewendet.
Die Wirksamkeit beruht auf mehreren Mechanismen. Diese sind im Einzelnen:
- Erhöhung der natürlichen Killer-T-Zellen (NKT-Zellen)
- Stimulation und damit Steigerung der Erythropoese im Knochenmark (Blutbildung)
- Antiangiogenese (Verhinderung der Ausbildung neuer Blutgefäße)
- Hemmung der Proliferation bestimmter hämatopoetischer Tumorzellen
- Hemmung der Produktion entzündungsfördernder (proinflammatorischer) Zytokine. Hierbei sind insbesondere zu nennen: TNF-α und Interleukin-6 und -12
- Stimulation von T-Zellen und natürlichen Killerzellen (NK-Zellen). Dadurch ergibt sich rasch eine Verbesserung der durch diese Zellen vermittelten Immunität gegen Tumorzellen.
- Indikation: Zugelassen für die Erstlinientherapie in Kombination mit Dexamethason oder Bortezomib und Dexamethason sowie mit Daratumumab und Dexamethason für Patienten, für die eine Stammzelltransplanta- tion nicht infrage kommt; für die Erhaltungstherapie nach einer Stammzelltransplantation als Monotherapie; für die Rezidivtherapie in Kombina- tion mit Dexamethason sowie Carfilzomib und Dexamethason oder Daratumumab und Dexamethason
- Applikation: oral
- Nebenwirkungen: Blutarmut, allergische Reaktion, Abgeschlagenheit, Thrombose, Müdigkeit, Durchfall, Verstopfung, Teratogenität (Schädigung des ungeborenen Lebens)
Pomalidomid (Imnovid® bzw. diverse Generika)
Pomalidomid (Imnovid®) ist der neueste Vertreter der IMiDs®, der von der europäischen Arzneimittelagentur (EMA) eine Zulassung in der Tumortherapie erhalten hat. Pomalidomid besitzt im Vergleich zu Lenalidomid viele Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede. Pomalidomid ist seit Mai 2019 für Erwachsene mit multiplem Myelom zugelassen, die schon mindestens eine Therapie (unter anderem mit dem Wirkstoff Lenalidomid) erhalten haben.
- Indikation: Zugelassen für die refraktäre/rezidivierte Myelomerkrankung in Kombination mit Dexamethason und ggf. Bortezomib oder Elotuzumab und Dexamethason sowie mit Isatuximab und Dexamethason
- Applikation: oral
- Nebenwirkungen: Blutarmut, allergische Reaktion, Abgeschlagenheit,Thrombose, Müdigkeit, Teratogenität
Thalidomid (Thalidomide®)
Thalidomid (Thalidomide CelgeneTM, früher: Contergan®) ist ein Glutaminsäurederivat mit zentral dämpfenden, immunsuppressiven und entzündungshemmenden Wirkungen. Es gehört zur Gruppe der Piperidindione, die eine struktuelle Abwandlung der Barbiturate sind. Thalodomid ist eine chirale Verbindung, das heißt es kann in zwei verschiedenen Formen vorliegen. Man spricht dabei von S- oder R-Form.
Thalidomid wurde 1954 von der Firma Grünenthal in Aachen entwickelt und ab 1957 als Schlaf- und Beruhigungsmittel unter dem Markennamen Contergan® in Deutschland rezeptfrei verkauft. Weil es schwere Missbildungen bei Ungeborenen auslösen kann, wurde es vom Markt genommen. Seit 2008 ist Thalidomid wieder unter sehr strengen Sicherheitsauflagen in Deutschland zur Behandlung von Knochenmarkkrebs (multiples Myelom) zugelassen.
Thalidomid wirkt beruhigend und schlaffördernd. Außerdem hat es entzündungshemmende, tumorwachstumshemmende sowie blutgefäßneubildungshemmende Eigenschaften.
- Indikation: Zugelassen für die Erstlinientherapie in Kombination mit Melphalan und Prednison sowie mit Daratumumab, Bortezomib und De- xamethason sowie für die Rezidivtherapie
- Applikation: oral
- Nebenwirkungen: Nervenschädigungen (periphere Polyneuropathie), Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Thrombose (in Kombination mit Dexame- thason oder Chemotherapie), fruchtschädigend für ungeborenes Leben (Teratogenität), Verstopfung, Ödeme