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Erstlinientherapie

© iStock.com/libre de droit

 

Die Primärtherapie bezeichnet die Behandlung von Patienten mit einem neu diagnostizierten multiplen Myelom, man spricht auch von der Erstlinientherapie. Der Algorithmus für die Erstlinientherapie orientiert sich an der Eignung der Patienten für eine Hochdosistherapie mit anschließender autologer Stammzelltransplantation.

Entscheidend für die Indikation zur autologen Stammzelltransplantation sind die Nebenwirkungen der Hochdosistherapie. Eine obere Altersgrenze für die Indikation zur Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation ist schwer zu definieren. Die Mehrzahl der randomisierten Studien zum Wert dieser Therapie schloss Patienten bis zum Alter von 65 Jahren, die US Intergroup und die deutsche GMMG-Studiengruppe Patienten bis zum Alter von einschließlich 70 Jahren, die deutsche DSMM bei fehlender Komorbidität (weitere vorliegende Erkrankungen) bis zum Alter von 75 Jahren ein. Wichtige Kriterien sind das biologische Alter mit guten Organfunktionen und das Fehlen weiterer signifikanter Komorbidität.

Welche Therapie und welche Kombination von Substanzen angewendet wird, entscheiden Arzt und Patient gemeinsam.

Multiples Myelom - Welche Therapiemöglichkeiten gibt es bei Ersterkrankung?

Die moderne Krebsmedizin macht rasante Fortschritte. Davon profitieren auch Patient*innen mit Multiplem Myelom. Zielsetzung ist eine individuell maßgeschneiderte Therapie.

Bei der Planung der individuellen Therapie sind unterschiedliche Aspekte zu berücksichtigen. Dazu zählen Alter, Krankheitsstadium und gesundheitlicher Allgemeinzustand. Ganz wichtig ist auch die Frage, ob es sich um die Erstlinienbehandlung (Primärtherapie) eines neu diagnostizierten Multiplen Myeloms handelt oder um die Behandlung eines Rezidivs.

Von einem Rezidiv spricht man, wenn die Erkrankung zunächst zurückgedrängt werden konnte, später aber erneut auftritt.

In dieser Broschüre stellen werden die Optionen der Primärtherapie vorgestellt. Die Informationen sind als eine erste Orientierung gedacht und können die Kommunikation zwischen Arzt/Ärztin und Patient*in erleichtern. Beide sind nur im Team erfolgreich, weshalb es wichtig ist zu verstehen, was der/die jeweils andere sagt. Nehmen Sie sich ausreichend Zeit für diese Gespräche und scheuen Sie sich nicht, Fragen zu stellen. Wägen Sie das Für und Wider der verschiedenen Therapiemöglichkeiten sorgfältig ab und treffen Sie erst dann gemeinsam mit Ihrem Arzt / Ihrer Ärztin eine Entscheidung. Es ist Zeit genug, Sie müssen nichts überstürzen.

Therapiekombinationen Erstlinientherapie

Es gibt zahlreiche chemotherapeutische Therapieansätze, welche verschiedene Kombinationen und Dosierungen der Stoffe beinhalten und nach verschiedenen Plänen verabreicht werden. Die folgende Tabelle zeigt häufig angewandte Kombinationen von systemischen Therapien in der Erstlinien-Therapie nach Diagnose.

Kombination

Namen der Medikamente

Bemerkungen

VCD

Bortezomib = Velcade®, Cyclophosphamid, Dexamethason

Alternative für die Induktionstherapie vor Hochdosistherapie und autologer Stammzelltransplantation.

VRD

Bortezomib = Velcade®, Lenalidomid = Revlimid®, Dexamethason

Häufig in klinischen Studien vor Hochdosistherapie eingesetzt, bei älteren Patienten bereits zugelassen.

Dara-VTd

Daratumumab = Darzalex®, Bortezomib = Velcade®, Thalidomid, Dexamethason

Bisheriger Standard für die Initialbehandlung bei Patienten, die sich für eine Stammzelltransplantation eignen.

Dara-VRd Daratumumab = Darzalex®, Bortezomib = Velcade®, Lenalidomid = Revlimid®, Dexamethason

Seit 2024 Standard für die Initialbehandlung bei Patienten, die sich für eine Stammzelltransplantation eignen.

Isa-VRd 

Isatumximab = Sarclesa®, Bortezomib = Velcade®, Lenalidomid = Revlimid®, Dexamethason

Neu zugelassener Standard für die Initialbehandlung bei älteren Patienten, die sich nicht für eine Stammzelltransplantation eignen.

CAD

Cyclophosphamid, Adriamycin, Dexamethason

Effektiv zur Stammzellsammlung.

HD-Cy

Hochdosis-Cyclophosphamid

Effektiv zur Stammzellsammlung.

Dara- VMP

Daratumumab = Darzalex®, Velcade®, Melphalan, Prednison

Option für die Initialbehandlung bei Patienten, die sich nicht für eine Stammzelltransplantation eignen.

D

Dexamethason

Schneller Wirkungseintritt, aber nicht lange anhaltend. Initiale Notfalltherapie.

VD

Bortezomib = Velcade®, Dexamethason

Effektives Schema, meist in Kombination mit Melphalan oder Cyclophosphamid eingesetzt (VCD, VMP).

Dara- RD

Daratumumab = Darzalex®, Revlimid® = Lenalidomid, Dexamethason

Standard-Schema für Erstlinientherapie nicht transplantationsfähiger Patienten.

Quelle: Patienten-Handbuch Multiples Myelom 2025

Erstlinientherapie mit autologe Stammzelltransplantation

Die Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation führt auch in der Ära neuer Arzneimittel in der Erstlinientherapie zu einer Erhöhung der Rate kompletter Remissionen, zu einer Verbesserung der Ansprechtiefe und zu einer längeren progressionsfreien Überlebenszeit gegenüber einer ausschließlichen medikamentösen Therapie. Die Therapie wird bei der Erstdiagnose von Patienten, die für eine Transplantation geeignet sind, in Induktion, autologe Transplantation, Konsolidierung und Erhaltung unterteilt.

Induktion - für Hochdosistherapie

Kombinationstherapien z.B. mit Substanzen Thalidomid, Bortezomib und Lenalidomid sowie der Hinzunahme von monoklonalen Antikörpern in der Induktionstherapie verbessern die Ansprechraten vor und nach Stammzelltransplantation. Die Wahl der initialen Therapie bei Patienten, die für eine Hochdosistherapie geeignet sind, sollte berücksichtigen, dass eine Stammzellapherese (Stammzellsammlung) zum späteren Zeitpunkt nicht klinisch relevant beeinträchtigt wird. Eine Übersicht der möglichen Therapiekombinationen finden Sie hier:

Autologe Stammzelltransplantation

Die Transplantation kann als Einzel- oder Tandemtransplantation durchgeführt werden. Bei der Tandemtransplantation erfolgt die Durchführung einer zweiten autologen Transplantation im zeitlichen Abstand von <6 Monaten.

Konsolidierung

Nach einer Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation kann eine Konsolidierung z. B. mit Kombinationen wie Bortezomib. Bortezomib/Lenalidomid/Dexamethason oder Bortezomib/Thalidomid/Dexamethason durchgeführt werden.

Erhaltung

Wenn beim multiplen Myelom die erste Therapie beendet wurde, ist eine Erhaltungstherapie möglich, um die Krankheit in Schach zu halten und einen Rückfall zu verhindern. Die Erhaltungstherapie mit dem Immunmodulator Lenalidomid führt in einer Metaanalyse zur Verlängerung der Gesamtüberlebenszeit im Vergleich zu Beobachtung ohne Therapie. 

Bei Hochrisikopatienten mit Niereninsuffizienz oder mit prognostisch ungünstiger Zytogenetik wie del(17p), t(4;14) oder t(14;16) kann nach einer Bortezomib-haltigen Induktion und Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation eine Bortezomib-Erhaltungstherapie über 2 Jahre erwogen werden.

Erstlinientherapie ohne autologe Stammzelltransplantation

Bei der Bewertung der Eignung für eine Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation ist es wichtig einzuschätzen, ob der Patient ggf. nach Ansprechen auf die Therapie einen transplantationsfähigen Zustand erreichen kann. Unterschieden wird dabei zwischen einer Kontraindikation zur Transplantation aufgrund der Grundkrankheit des Multiplen Myeloms oder unabhängiger Komorbidität. Eine Myelom-bedingte Niereninsuffizienz ist kein Ausschlusskriterium für eine Hochdosistherapie. Bei Patienten, die aufgrund von Komorbidität nicht für eine Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation geeignet sind, gibt es eine Vielzahl von möglichen Zweifach- und Dreifachkombinationen.

Kombinationen aus drei Arzneimitteln unter Verwendung eines Immunmodulators, eines Proteasom-Inhibitors und Dexamethason sind Zweifachkombinationen überlegen und daher bei Patienten im guten Allgemeinzustand zu empfehlen.

 

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